In die Wüste geschickt!
Wie kurz angedeutet war der Neuseeländer in meiner Unterkunft im Dadestal mit Hilfe eines Guides angereist, der dann natürlich am Abend noch das ein oder andere Mal erwähnt hat, dass er ja einen Kontakt hätte, bei dem ich den tollsten Wüstenausritt überhaupt erleben könnte.
Auf das Verkaufsgespräch hatte ich schon nach den ersten zwei „unschuldigen“ Fragen (First time in Morocco? Where are you going next?) keine besondere Lust mehr, nachdem ich ihm am Abend das dritte mal gesagt habe dass ich mir selbst was suche, hat er mich dann immerhin damit auch in Ruhe gelassen.
Gegen 9 Uhr konnte ich morgens endlich vollkommen verspätet losfahren (das Frühstück zog sich leider etwas), zur spannenden Ausfahrt des Tages! Warum spannend? Ein großer Teil der Strecke sah folgendermaßen aus:
Wie man deutlich erkennt, geht’s hier stark in Richtung Wüste! Eine kurze Markt- und Teepause musste ich in Tinghir einlegen, einerseits um mich etwas mit frischem Obst für die Fahrt einzudecken, andererseits um die Unterkunft für die Nacht zu buchen! In meinem letzten Hotel gab es nämlich zwar tolles WLAN, aber leider keine Internetverbindung dahinter – was auch der Grund dafür ist, dass sich meine Blogeinträge hier etwas… verzögert haben. Einerseits fehlte während der Reise zum großen Teil die Zeit zum Schreiben, andererseits war es meist vollkommen unmöglich Fotos hochzuladen.
Also musste in einem Café in Tinghir
(Ups, da bin ich wohl mal wieder auf den Selfie-Knopf gekommen!) das Internet genutzt werden, um auf den einigermaßen letzten Drücker eine Unterkunft für die Nacht zu finden….
Ich konnte dann tatsächlich eine Unterkunft in der Wüste von Erg Chebbi (dem Tagesziel) finden, die sehr gute Bewertungen bei einem mir vernünftig scheinenden Preis bot. Zur genauen Dauer des Kamelausritts (diese hatte der Guide am Vorabend als besonders wichtig hervorgehoben, es müsse ein 2-Stunden-Ausritt sein, alles andere tauge nichts) war dort nichts angegeben, was mir aber ein unbedeutendes Detail zu sein schien.
Nach erfolgreicher Unterkunft-Buchung und einem Tee (wichtig!) bot sich dann bis auf die alle zig Kilometer auftretenden kleinen Siedlungen nicht viel… entweder gerade Straße in der Wüste, oder ab und zu ein Haus… wobei sich im Hintergrund schon der hohe Atlas zeigte, den ich am nächsten Tag zu überqueren plante…
Nach einer weiteren kurzen Teepause in Erfoud machte sich die Nähe zur Sahara dann so langsam bemerkbar…
Und auch wenn hier noch keine Kamele (Dromedare sind auch Kamele!) in Sichtweite waren, veränderten sich dann aber bald die Berge am Horizont sehr drastisch….
Bei diesem Anblick war ich ehrlich gesagt ziemlich überrascht! Obwohl noch weit entfernt, sieht man hier sehr deutlich wie hoch die Sanddünen eigentlich aufsteigen. In Filmaufnahmen geht dieser Effekt wohl verloren (vermutlich da die Referenzobjekte fehlen), umso beeindruckender sind die Dünen beim tatsächlichen Anblick!
Meinen treuen Hyundai wollte ich hier allerdings nicht unbedingt in die Dünen jagen, also blieb es beim ursprünglichen Plan: Hassilabied hieß das kleine Dorf, in dem ich dann mein Guesthouse (in dem ich nicht übernachten würde) aufsuchte. Gegen 15:30 Uhr startete dann der Ausritt in die Wüste, und zwar – Überraschung – für mich alleine! Ich hatte extrem großes Glück und an diesem Tag als einziger diese Unterkunft gebucht, so dass ich (mit dem Kameltreiber und auf dem Weg zum Lager teilweise einem… mitlaufenden Marokkaner?) meine eigene Kamelkarawane war!
Wer noch nie auf einem Kamel saß: Sobald sich das Tier erhebt, muss es erstmal die Beine irgendwie ordnen um in Bewegung zu kommen. Für den Reiter (zumindest für mich als Reiter) fühlt sich das dann an, als ob ebendiese Beine primär aus Knien bestehen würden. Ich bin mir absolut sicher, dass so ein Kamel mindestens drei Knie pro Bein besitzt. Ich hatte mir den Ritt stärker schaukelnd (Wüstenschiff..?) vorgestellt, was aber weniger problematisch war – die Bewegungen kamen mir als nicht-erfahrenem Reiter aber merkwürdig unrhythmisch vor. Nach etwas Motivation durch meinen Karawanenführer habe ich es dann aber sogar geschafft freihändig zu reiten.
Okay, ich hab’s geschafft freihändig zu… stehen.
Loszureiten in die Wüste war unglaublich großartig! Aus dem Dorf (in dem noch fester Boden existiert) ist man in wenigen Minuten in den Sanddünen, und sobald man die erste größere Düne passiert hat, ist sehr plötzlich eben nur noch Sand zu sehen! Für mich war die erste halbe Stunde des Ausritts erstmal einfach nur surreal. Man fühlt sich ein bisschen wie Lawrence von Arabien (Hey, der wurde übrigens auch in Marokko gedreht!) und kann irgendwie kaum fassen, wie weit und hoch sich die Sanddünen erstrecken!
Wer sich bei obigem Foto denkt „Was genau hat Jan da auf dem Kopf…?“: Ja, es ist ein Turban! Ohne wollen sie einen absolut nicht in die Wüste lassen!
Obwohl es natürlich einfach nur Wüste ist, musste ich gefühlt 100 Fotos machen, bevor wir überhaupt in der Nähe unseres Camps waren! Nach der erwähnten halben Stunde machten wir etwas Pause, und bereits hier gab es eigentlich weit und breit fast nichts mehr:
Am Horizont zeigte sich manchmal die ein oder andere Touristenkarawane, die dann meistens eher aus 5 bis 8 Kamelen bestanden.
Nach weiteren etwa 30 Minuten Ritt kamen wir dann an unserem kleinen Lager an:
Prinzipiell bietet sich hier Platz für bis zu 10 Gäste in verschiedenen Zelten, was sicherlich im Winter stark außerhalb der Saison selten erreicht wird. Die nächsten Lager befinden sich nicht unglaublich weit entfernt, um in der Dämmerung eines davon zu erkennen, musste ich aber schon auf eine sehr hohe Düne klettern…
Obwohl man den Ausblick vermutlich ganz objektiv irgendwie als eintönig beschreiben könnte, fand ich die verschiedenen Dünenformationen in allen Richtungen sehr imposant:
Was macht man so in der Wüste? Am Schattenwurf ist zu erkennen dass der Sonnenuntergang schon sehr nahe war, aber ein bisschen Zeit für Quatsch war vorher noch:
Dünen hochlaufen ist übrigens gar nicht mal so leicht wie man es sich vorstellt, und wer glaubt nach einem Strandbesuch schon überall Sand zu haben, der sollte keinen Fuß in die Sandwüste setzen!
Schlussendlich war der Sonnenuntergang dann aber doch unvermeidlich,
Nach dem Sonnenuntergang gab es draußen natürlich nicht mehr viel zu fotografieren… Das Abendessen durfte ich im überraschend gemütlich eingerichteten Zelt zu mir nehmen (und mein Kameltreiber bestand darauf, ein Foto von mir zu machen):
Der Abend war damit (gegen 7 Uhr…) sinnigerweise noch nicht beendet, auch wenn ich nicht mehr viel unternommen habe – im Dunkeln habe ich draußen noch eine Kanne Tee getrunken, um danach um die drei Stunden(!) unter dem freien Himmel zu liegen und einfach nur die Sterne zu beobachten. Weitab von jeder Lichtverschmutzung hatte ich den klarsten Sternenhimmel über mir, den ich seit Jahren gesehen habe…
Irgendwann nach zehn wurde es mir dann draußen allerdings trotz Decke zu kalt, und ich begab mich in mein Zelt, welches tatsächlich vollkommen überraschend sogar ein Bett enthielt!
Am nächsten Morgen war ich natürlich wieder pünktlich zum Sonnenaufgang auf den Dünen, um mir das Schauspiel anzuschauen!
Übermotiviert wie ich manchmal so bin, war ich natürlich etwas zu früh dran…
Um einen Eindruck zu erhalten welche Temperaturen hier herrschten:
Wie man unschwer erkennt, war ich ohne Hilfe nicht in der Lage, mir einen Turban zu binden.
Irgendwann kletterte die Sonne dann aber doch noch hinter den hohen Dünen am Horizont hervor, um mich ein wenig anzuwärmen:
Meinem Kamel ging’s auch noch gut:
An dieser Stelle waren sogar am Horizont auf den hohen Dünen teilweise andere Menschen zu sehen… die weiter entfernt gelegenen Lager sind scheinbar schon deutlich früher gestartet als ich, um den Sonnenaufgang dann in einer Reitpause zu beobachten. Hier kamen auch teilweise deutlich größere Karawanen vorbeigeritten:
Vor meiner Rückkehr gab es für mich dann noch, vollkommen überraschend, sogar ein ausgefallenes Frühstück im Zeltlager.
Ein paar Stunden nach Sonnenaufgang musste ich dann allerdings auch langsam den Rückweg antreten. Der neue Turban war schnell gebunden, das Kamel aufgefuden, und so ging es an den Rückritt. Dies war auch der Punkt, an dem ich sehr dankbar war die Ein-Stunden-Variante gebucht zu haben! Der etwas unregelmäßige Ritt auf dem Dromedar machte sich hier durch gewisse Schmerzen am Hinterteil schon bemerkbar, und zwei Stunden auf dem Tier wären sicher eine ziemliche Quälerei für mich gewesen! So war ich ziemlich glücklich mit meinem Geburtstagsausritt in den Ausläuder der Sahara – besser hätte es aus meiner Sicht überhaupt nicht sein können!