[5533 km] Tomsk

[5533 km] Tomsk

Wie bereits angekündigt, starteten wir am 3.1. spät abends die Reise nach Tomsk. Mit uns reist eine Großfamilie, die alleine schon den halben Waggon belegt. Uns wird diverses Essen angeboten, die Enkel sprechen zu unserer Überraschung sogar ein bisschen Englisch (sogar etwas besser als ich russisch spreche, wer hätte sich sowas vorstellen können)!

Kurz nach Irkutsk steigt zudem noch ein Mitfahrer bei uns im Abteil ein. Er hat zu Beginn noch irgendwas mit der Schaffnerin zu diskutieren, dann zieht er die Schuhe aus und schläft 11 Stunden ohne Bewegung. Auch am nächsten Tag bewegt er sich vielleicht 3 mal sehr kurz, legt sich anders hin, und starrt die Wand an. Zwischendurch vermuten wir von Zeit zu Zeit, er könnte tot sein. In Krasnoyarsk steigt er dann aber doch aus.

4.1.: Es sieht mal wieder nach einem richtig sonnigen Tag in Mittelsibirien aus!

14:00: Wir durchfahren mittlerweile das mittelsibirische Bergland – von Bergen ist hier weit und breit nichts mehr zu sehen.

14:50: Von Zeit zu Zeit kommt zumindest mal ein Hügel in Sicht – Hanglage scheint auch hier sehr begehrt!

Wer sich dafür interessiert, wie Wasserversorgung und Heizung im Waggon funktionieren, wird durch informative Skizzen neben dem Samowar darauf hingewiesen:

15:48: 40 Minuten Halt in Krasnoyarsk. Das Bahnhofsthermometer zeigt -20 Grad, wir fahren scheinbar schon wieder ein bisschen ins Warme. Am Gleis gegenüber rumpelt eine merkwürdige Maschine über die Schienen:

Vermutlich sammelt diese den überschüssigen Schnee von den Gleisen, der vorher von Bahnsteig auf diese gekehrt wurde.

Am 5.1. erreichen wir schließlich gegen 7:30 Uhr morgens

Tomsk

Tomsk ist eine für sibirische Verhältnisse relativ große Stadt mit 500000 Einwohnern (was sich mal wieder nicht unbedingt so anfühlt), obwohl sich diese abseits der transsibirischen Strecke befindet: Von Taiga (ein passender Name) an der transsibirischen Eisenbahn sind es etwa 2 Stunden nach Tomsk.

In Tomsk liegt Schnee.

Viel Schnee.

Mehr Schnee, als ich jemals auch nur ansatzweise in einer Großstadt gesehen hätte!

Wer sich da nicht rechtzeitig vorbereitet hat, muss eben im Winter das Auto stehen lassen.

Oder sein Haus durch’s Fenster betreten.

Auf den Straßen hält es sich in Grenzen, der geräumte Schnee muss dann aber auch mit LKWs weggeschafft werden. Beim Straße überqueren muss man aufpassen, der blanke Asphalt ist meist rutschiger als die Eis-/Schneeflächen. Außerdem muss man auch immer die drei Fragen stellen:

  1. Sieht mich der Fahrer?
  2. Hat er vor anzuhalten?
  3. Schafft er das auch?

Das galt im Grunde aber schon seit Sliudianka, inzwischen ist man daher daran gewöhnt. Auf den Fußwegen bewegt man sich meistens auf 10 bis 20cm dickem Eis, dort ist dann alles in Ordnung. Wo es noch nicht festgetreten ist, kann man auch ganz hervorragend hineinspringen!

Was machen wir in Tomsk, außer im Schnee zu spielen?

Natürlich zunächst einmal die Stadt anschauen. Neben den üblichen, meist aus der kommunistischen Zeit stammend, Gebäuden der Kategorie “einfach, aber trotzdem geschmacklos“

gibt es auch tatsächlich viele schöne Gebäude in der Stadt.

Vor allem sind hier in der Stadt noch viele alte sibirische Holzhäuser verteilt.

Okay, manch ein Gebäude tut auch nur ein bisschen so…

Auf dem zentralen Hügel der Stadt befand sich früher das eigentliche Fort, um das die Stadt herum gewachsen ist. 2004 wurde an dieser Stelle eine Replika des Wachturms errichtet:

Einige Holzpalisaden sind ebenfalls noch da. Aber…

entweder war der durchschnittliche sibirische Wilde einfach nicht besonders hochgewachsen, oder der Schnee liegt hier auf dem Berg noch viel höher als wir denken! So richtig sagen können wir es tatsächlich nicht!

Nachdem der Wachturm neu errichtet wurde, hat sich das eigentlich mäßig interessant aussehende Museum daneben gedacht “Turm ist ne super Idee!“ und entsprechend aufgestockt!

Das darf man sich natürlich nicht entgehen lassen! Ein perfekter Ort, um mal wieder ein Panorama anzufertigen!

Wie ich es geschafft habe dass sich nichts im Sichtfeld befindet, überlasse ich als kleine Aufgabe der Leserschaft.

Oben gab’s außerdem noch eine Glocke zu läuten (kostete wohl theoretisch etwas, aber das hab ich erst hinterher gesehen, darum sollte das nicht zählen) oder irgendwo mittendrin für 1200 Rubel auch eine Kanone zu schießen. Das klingt natürlich zunächst unglaublich verlockend, aber im Endeffekt werden bei sowas dann nur wieder die Kugeln weggelassen… Da mussten wir entsprechend überspringen.

Der örtliche Fluss, der Tom, ist übrigens natürlich auch wieder zugefroren!

…was den echten Sportler aber nicht vom Kiteboarding abhält!

Was folgt auf Stadt anschauen? Essen! Wir wählten ein Restaurant, was uns der Ausstattung und den Gästen nach eigentlich ein bisschen zu fein erschien, da waren wir aber schon drin. Das Essen war recht lecker, beim Verlassen der Lokalität bemerkten wir dann die Bilder prominenter Gäste an der Wand – neben vielen unbekannten Gesichtern lächelten uns dort auch die Angela und der Wladimir an. Elbe meiner Grundregeln ist eigentlich: Wo höchster Staatsbesuch zu Gast ist, ist es definitiv zu fein für mich. Aber was will man machen….

An unserem einen Abend in der Stadt ist zudem der Abend vor Heiligabend (also genaugenommen gar nichts), entsprechend muss auch hier noch die örtliche Version des Weihnachtsmarktes besucht werden!

Hui, zur Abwechslung mal ein echter Baum! Der befand sich aber etwas abseits, der eigentliche Ort des Geschehens ist etwas anders geschmückt!

Hier geht es auch mit Eisskulpturen erstmals so richtig los!

Die Tomsker Stadtmusikanten!

Weihnachtsmann, Osterhase und…. Mutti.

Frau Holle nach zuviel Jägermeister!

Und unzählige weitere…

Außerdem gibt’s Schlitten für die Kleinen und Großen:

Okay, das ist alles ganz nett – aber wirklich gut wird’s hier erst im Dunkeln!

Man muss sich dann noch dazu vorstellen, dass hier nicht nur alles leuchtet, sondern auch noch bunt blinkt! Ich versuche dies in einen Video darzustellen!

(Falls das Video nicht direkt funktioniert, kann ich das vermutlich erst richten, sobald ich wieder in Stuttgart bin)

Normalerweise gilt als feine Richtlinie, dass alles ein bisschen schräger wird, je weiter man von Europa nach Asien geht – im Falle von Beleuchtung scheint dies zumindest in Russland aber absolut anders herum zu gelten!

Die örtlichen Feierlichkeiten gefallen jedenfalls selbst der obligatorischen Lenin-Statue der Stadt!

Leider ein bisschen unscharf, dafür ist eine weitere Neuerung (für uns) zu erkennen: Fast die ganze Dauer unseres eineinhalbtägigen Besuchs über hat es geschneit! Dafür war es auch nicht mehr ganz so kalt – meistens grob zwischen -15 und -20 Grad. Der Schneefall passt dann auch zu unserem Abreisetag: Der 6.1. ist Heiligabend, diesen verbringen wir aber nicht in Tomsk – sondern im Zug! Gegen 13 Uhr brechen wir auf zum nächsten Ziel: Das ist nur etwa 26 Stunden entfernt und damit zwar fast schon Kurzstrecke, es bleibt aber immerhin etwas Zeit, um sich im Zug vom Stress der Vorweihnachtszeit zu erholen.

Damit schließe ich diesen Beitrag mit einem offenen Ende.

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