Lucca, Pistoia und schon wieder Florenz!
Nach einem mehr oder weniger erholsamen Tag in Siena stand eine etwas längere Fahrt an: Lucca lautete das Tagesziel, absolut unerwartet habe ich es sogar geschafft, in aller Frühe zu starten!
Die Fahrt begann recht entspannt – ich hatte mich mittlerweile damit abgefunden, dass eben keine Radwege in der Toskana existieren, und blieb entsprechend auf der Straße. Es ging insgesamt leicht bergab, und so vergingen die ersten 20 Kilometer wie im Tiefflug. Dann führte meine Navigationsapp mich kurz auf einen kleinen Feldweg… und bevor ich es wirklich bemerken konnte, sah mein Fahrrad plötzlich so aus:
Falls jemand Interesse daran hat, eine toskanische Töpferei aufzumachen: Ich kann ihm sagen wo es den allerfeinsten Lehm ganz Italiens gibt! Meine erste Pause fiel erzwungenermaßen also etwas früher an als eigentlich geplant, und so war ich dann nach pünktlichem Aufbruch und weniger als einer Stunde Fahrt immerhin doch noch angemessen spät dran. Problematisch war das aber zum Glück nicht: Bei der Streckenwahl hatte ich anschließend ein deutlich besseres Händchen – zwar ergaben sich keine schönen Aussichten von den toskanischen Hügeln aus, dafür musste ich diese aber auch nicht bezwingen! Die Toskana konnte ich somit eher aus der Ferne betrachten!
So technisch einfach wie die Strecke war, war leider auch deutlich mehr Verkehr. Entgegen aller Erwartungen entdeckte ich für vielleicht 300 Meter dafür sogar einen kurzen Radweg – Kopfsteinpflaster im Wald, über- und unterwachsen, eignete sich dieser eher zum Schieben. Kein Wunder dass sich die Italiener beim Radfahren auf Rennrad und Straße beschränken, wenn so die Radwege aussehen.
Etwa eine Stunde vor Lucca begann mein Hinterrad dann, etwas schleifende Geräusche von sich zu geben, um kurz darauf zu kreischen wie eine sterbende Katze. Mit dem schlimmsten rechnend ging ich der Ursache nach… Und glücklicherweise konnte ich das Problem mit meinem Lehmextraktionswerkzeug (Schraubendreher) lösen…
Ich hatte bei Kilometer 20 wohl ein wenig Schmutz unter meinem Schutzblech übersehen, welcher in der toskanischen Sonne zu feinsten Ziegelsteinen gebacken wurde. Nachdem auch dieses Problem beseitigt war, war die lange Tagesetappe nach über 5 Stunden Fahrzeit schließlich auch geschafft
und ich stand vor den Toren von
Lucca
In Lucca war ich zu meiner vollkommenen Überraschung plötzlich nicht mehr der einzige Nicht-Rennradfahrer – lokal auf manche Städte beschränkt scheint es also doch zumindest ein bisschen Fahrradkultur zu geben! Mit 15 Uhr war ich zwar deutlich früher in Lucca als ich erwartet hätte, besonders groß war meine Lust auf Besichtigungen allerdings nicht. So widmete ich den Rest des Tages dem Essen, dem Wein, und der Kniepflege. Nach etwa 70 Kilometern begann mein linkes Knie mal wieder zu schmerzen… zwar wie gewohnt das linke Knie, ABER an einer anderen Stelle – ich persönlich werte dies also als Verbesserung und Gewinn!
Die Hauptattraktion Luccas sind die Stadtmauern, die ich am nächsten Morgen vor Abfahrt mit Gepäck einmal mit dem unbeladenen Fahrrad abgefahren bin – die Mauer schließt die Altstadt ein, und wäre geschätzt groß genug um eine weitere Stadt darauf zu errichten!
Nach einem italienischen Frühstück (Kaffee und Croissant…) packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf zur relativ kurzen Tagesetappe. Einige Kilometer hinter Lucca empfing mich, ich konnte es kaum glauben: Ein RADWEG, der sogar befahrbar war!
Auch wenn dieser nach einem Kilometer wieder so plötzlich endete wie er begann, blieb es doch immerhin flach für den Rest des Tages. Nicht geholfen hat wiederum der fast durchgehende Gegenwind – eigentlich fehlte nur noch ein wenig Regen, dann hätte ich mich wie in meiner norddeutschen Heimat gefühlt…
Ein weiteres italienisches Frühstück später (oder waren’s zwei?) hatte mein
Knie es dann so weit überstanden, und ich erreichte
Pistoia
Pistoia ist ein kleines Städtchen nordwestlich von Florenz, mit einer kleinen und beschaulichen Altstadt. Trotz der kurzen Strecke von 40 km kam ich aufgrund des morgendlichen Sightseeings in Lucca und häufig nötiger Kniepausen erst gegen 15 Uhr an. Etwas seichtes Sightseeing konnte ich noch vertragen.
Primär nutzte ich den Rest des Tages aber eher als Belohntag! Das heißt viel Eis, Kaffee, und ein recht ausgedehntes Abendessen. Beim Abendessen fiel mir dann mal wieder auf, dass sich häufig Leute das, was ich alleine esse teilen… In einer kleinen Trattoria gab ich mir mal wieder das volle Programm aus Vorspeisenteller, Salat, Nudelgericht, Fleischgericht und Nachtisch – wobei hier sehr überraschend die Gerichte sehr groß ausfielen, so dass der Kellner selbst ziemlich überrascht war dass ich alles aufessen konnte. Was soll’s, wer sich viel bewegt muss auch viel essen!
Am Abend entdeckte ich im örtlichen Baptisterium noch ein kostenloses Konzert, was scheinbar gerade im Begriff war zu starten – also bin ich einfach mal hineingehuscht und habe versucht mir das anzuschauen:
So richtig was passiert ist aber leider nicht – immer wenn es gerade den Anschein machte loszugehen, entschied sich doch noch ein Musiker dass er jetzt gerade nochmal sein Instrument stimmen oder anders hinstellen oder sonstwas muss. Als dann scheinbar alle zufrieden waren, musste die Mutti auf der rechten Seite allerdings dann noch alle Musiker vorstellen (okay), etwas erzählen (vermutlich über Gott und/oder die Welt), das halbe Publikum begrüßen und… da wurde es mir zu doof, und ich verbrachte den Abend doch lieber irgendwo mit einem Glas Wein.
Am nächsten Tag startete ich gut ausgeschlafen und nach einem überraschend guten Frühstück meine letzte Etappe: Die Rückkehr nach Florenz!
Hier hatte ich mir sogar im Vorfeld ein paar Gedanken zur Strecke gemacht, und eine Route gewählt, die mich vorbei an ein paar der Medici-Villen (diverse Landsitze der Medici-Familie, die ein paar Hundert Jahre lang die Toskana beherrschten) bringen sollte. Die Villen fand ich auch soweit, leider waren aber sämtliche Gärten die zu besichtigen gewesen wären, für Fahrräder verboten – und da ich ungern mein gesamtes Hab und Gut irgendwo für alle gut sichtbar außerhalb abstellen wollte, konnte ich mir diese Villen alle nur von außen anschauen.
Wenn man keine Besichtigungen unternehmen kann, was dann? Genau, noch das ein oder andere Frühstück einnehmen!
Nach etwa 40 Kilomtern war dann das Ziel der Reise wieder erreicht, und ich was zurück in
Florenz
In Florenz hatte ich noch etwa eineinhalb Tage (Freitagabend und Samstag), die ich eigentlich dann für Besichtigungen etwas außerhalb der Innenstadt vorgesehen hatte – noch etwas Radfahren durch die Stadt ohne Gepäck wären sicherlich eine Wohltat gewesen.
Den Abend konnte ich durchaus noch genießen und entdeckte beim Spazierengehen in der Innenstadt zufällig, dass sich hier irgendwer künstlerisch an diversen Straßenschilden versucht hatte:
Am nächsten Morgen wagte ich noch einmal den Aufstieg zum Piazzale Michelangelo, um hoffentlich bei besserem Wetter eine Aussicht auf die Altstadt zu erwischen!
Während des Blogschreibens musste ich unweigerlich auch die Fotos der vergangengen Florenzbesuche durchschauen. Nicht exakt an der gleichen Stelle aufgenommen, aber immerhin: Ich, 2007 und 2018:
Hier gab es allerdings schon besorgniserregende Zeichen… In einer so touristischen Stadt wie Florenz braucht es keine Wettervorhersage, die kommende Wetterlage lässt sich am genauesten ablesen, wenn man die Straßenverkäufer beobachtet: Wenn sich die unzähligen Selfiesticks in den Händen der unzähligen Verkäufer plötzlich unvermittelt in unzählige Regenschirme und rissige Regencapes verwandeln, weiß man: Ja, es wird regnen!
Bei Regenwetter fehlte es mir leider an der nötigen Motivation für die geplanten Kurzstreckentrips, und so verbrachte ich den Rest des Tages eher mit essen und Essen kaufen – wobei mir auf dem Rückweg vom Piazzale Michelangelo eine Frage irgendwie nicht aus dem Kopf ging:
Kann man da wohl hochklettern…?