Ouallywood und schräge Wege

Ouallywood und schräge Wege

Da es nach Einbruch der Dunkelheit in Marokko nichts zu tun zu geben scheint, muss das Tageslicht genutzt werden!

Pünktlich zum Sonnenaufgang stand ich daher am Fluss um… den nicht vorhanden Sonnenaufgang zu bewundern. Der Himmel war wie am Vortag morgens zunächst stark bewölkt, was mein Unterfangen dann etwas verhinderte.

So konnte ich zumindest direkt nach dem Frühstück ins nahegelegee Ouarzazarte aufbrechen. So grün die kleine Oase Ait-Ben-Haddou auch war, so trostlos sah es schon ein paar Meter weiter wieder aus…

In Ouarzazarte angekommen hat es mich zunächst in eine direkt am Stadtrand gelegene Burg gezogen:

Sogar altes Kriegsgerät stand noch herum, wie diese Belagerungsmaschinen:

Und aufgrund der äußerst strategisch guten Lage war sogar gleich nebenan noch eine alte Galeere zu besichtigen!

Okay… spätestens jetzt sollte dies dem ein oder anderen Leser vermutlich komisch vorkommen. Die Belagerungsmaschinen sind natürlich nur Attrappen, dafür aber immerhin aus Holz. Die Burg ist im Grunde nicht mehr als ein Baugerüst, das mit Gips in die richtige Form gebracht wurde… In Ouarzazate befindet sich mit den Atlas Studios das Zentrum der marokkanischen Filmindustrie, die Burg wurde vor etwas über 10 Jahren für den Film Königreich der Himmel aufgebaut und ist seitdem dort zu besichtigen (wenn gerade kein Film gedreht wird). Auf einer Gipsburg laufen ist übrigens verdammt merkwürdig und der Höhenangst nicht gerade zuträglich, weil es sich auch nicht so richtig richtig stabil anfühlt.

Die Studios selbst habe ich auch noch besichtigt, bis auf ein paar alte Requisiten und Kostüme (ein alter James Bond-Film, die Mumie, Gladiator, Black Hawk Down, usw. wurden hier gedreht) gab es dort nicht viel interessantes. Mein Guide war aber sehr enthusiastisch, so dass ich ihn auch nicht davon abhalten wollte mir alles über die Kostüme zu erklären.

Nach dieser gewissermaßen gefälschten Burg wollte ich mir aber zumindest auch noch etwas echtes anschauen, also ging es weiter ins eigentliche Ouarzazate. Dort wollte ich mir die örtliche Kasbah ansehen. Eine Kasbah ist meinem Verständnis nach im Grunde eine Burg – eine befestigte Anlage mit Palast, Wohnquartieren der herrschenden Familie, Leibgarde, und alles was man im Falle einer Belagerung sonst so benötigt. Nur sieht eine Kasbah eben etwas anders aus als eine klassische Burg.

Dort angekommen musste mich sofort ein Marokkaner abfangen, der sogleich begann mir die Umgebung zu erklären. Auf französisch. Zu meiner eigenen Verwunderung hab ich sogar recht viel verstanden, hatte aber nicht wirklich Interesse an einem Führer. Das habe ich versucht ihm auch klar zu machen indem ich es ihm dreimal gesagt habe und auch zweimal in andere Richtungen gegangen bin als er, richtig lockerlassen wollte er aber trotzdem nicht. Er wohne nur dort und wolle es mir erklären. Aha. Die engen Gassen waren zwar ganz nett zu navigieren, aber nicht unglaublich spektakulär anzuschauen.

Zufällig musste er mich auch noch in zwei Teppichgeschäfte schieben, was aber sein gutes hatte: vom ersten hatte man einen netten Blick auf die kleine Festung:

Gekauft habe ich in beiden Fällen natürlich nichts, und war jeweils schnell wieder draußen. Meinem Nicht-Guide wurde das dann wohl auch zu blöd, und nach einer Weile wollte er sich dann von mir bezahlen lassen… Ohne dass ich ein Wort arabisch verstehen würde, kann ich mir vorstellen was er so von sich gegeben hat, als ich dann gegangen bin.

Gut, so hatte ich immerhin Zeit mir die Kasbah selbst in Ruhe anzuschauen. Von innen war leider kaum zu erkennen dass es sich hierbei um einen Palast handelte, da praktisch keine Hinweise auf irgendeine Einrichtung mehr vorhanden waren.

Wie man an den merkwürdig positionierten Fenstern erkennt, bestand die örtliche Herrscherfamilie zudem scheinbar überwiegend aus Zwergen, was die Fortbewegung für mich nicht gerade erleichterte!

Dafür hatte man aus den obere Geschossen aber immerhin nette Aussichten über die Stadt:

Gegen Mittag brach ich also (leicht enttäusche von Ouarzazarte) auf zur Weiterfahrt. Das nächste Ziel war Skoura! Nicht weit entfernt, handelt es sich um eine kilometerlange grüne Oase! Natürlich gab es auch hier wieder eine Kasbah, die seinerzeit über die Oase gewacht hat!

 

Leider war diese von innen ähnlich spärlich ausgestattet wie die erste besuchte… Einige alten Töpfe, Öfen usw. in schlechtem Zustand lagen noch herum, die aber auch nicht sonderlich viel über das Leben dort verraten wollten. Dafür passte ich aber durch die Türen, und es gab immerhin einen Ausblick über die Oase:

Hier in Skoura zeigte sich auch die Nähe zur tatsächlichen Wüste, und ich durfte mein erstes Kamel der Reise sehen:

Näher rangetraut an ein fremdes Kamel habe ich mich natürlich an dieser Stelle noch nicht…

Zu meinem Ziel des Tages trennten mich dann noch etwa 70 km. Die Straße führte die erste Hälfte davon praktisch nur gerade durch die Wüste, mit sehr wenig Verkehr… was eine willkommen entspannte Abwechslung war. Die zweite Hälfte bestand dann aber leider eher aus einem einzigen langgezogenen Dorf. Die Marokkaner laufen gerne schonmal einfach so auf die Straße, fahren mit dem Fahrrad auf der falschen Seite, und es wird (vermutlich da nie so ganz genau klar ist wie schnell eigentlich gerade gefahren werden darf) natürlich leicht abenteuerlich überholt.

Wie auf der heutigen Karte zu erkennen, bin ich dann an meiner Übernachtungsstätte noch einige Kilometer vorbeigefahren… allerdings mit Absicht! Die Straße führte mich in das Dadestal. Leider immer noch einigermaßen wolkenverhangen, war die Straße hier aber immerhin mal wieder interessanter zu fahren und auch mit netten Ausblicken in die Schlucht versehen:

Ich konnte außerdem noch eine persönliche Spitzenleistung verbuchen:

Ich habe es geschafft ein Brot beim Bäcker zu kaufen, und dabei sowohl Bestell- als auch Bezahlvorgang komplett auf französisch abgewickelt. Das klingt nicht besonders schwierig, und bei genauerer Betrachtung ist es das vermutlich auch nicht, aber ich war natürlich trotzdem von mir begeistert!

Kehrtpunkt machte ich dann in der Schlucht dann dort, wo die Wege wirklich so richtig schräg wurden:

Das herz jedes Motorradfahrers schlägt bei dem Anblick sicher höher, und mit einem entsprechend motorisierten Gefährt macht die Auffahrt sicher auch ziemlich Spaß – in meinem Kleinwagen war ich aber einigermaßen froh überhaupt dort hoch gekommen zu sein. Der Anblick von unten offenbarte übrigens erstmal einen entgegenkommenden LKW, und hab ich schon erwähnt dass ich ja an Höhenangst leide…?

Trotz der Widrigkeiten habe ich’s aber nach oben geschafft, zur Belohnung für die lange Fahrt habe ich mir dort (es war mittlerweile schon wieder recht kalt geworden) einen Tee gegönnt!

Derart gestärkt machte ich mich dann auch zurück zu meinem Hotel für die Nacht auf… wo sogar kurz vor Einbruch der Dunkelheit nochmal die Sonne rauskam!

Ein weiteres Highlight des Tages: Hier gab es außer mir sogar andere Gäste (zwei Belgierinnen und ein Neuseeländer), so dass der Kamin sogar einigermaßen ernsthaft befeuert wurde! Der Neuseeländer wurde leider von einem Guide angeschleppt, der mir am Abend noch unbedingt eine Wüstentour verkaufen wollte… dazu aber etwas mehr im nächsten Beitrag!

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