Albania!

Albania!

Für den 25.9. hatte ich mir die Busfahrt von Kotor nach Tirana in Albanien vorgenommen. Als verantwortungsvoller Reisender schaut man vor der Reise in ein neues Land natürlich immer nochmal kurz auf die Seite des Auswärtigen Amts. Dort steht zu Albanien:

Krisenvorsorgeliste

Deutschen Staatsangehörigen wird empfohlen, sich in die Krisenvorsorgeliste einzutragen, um in einem Notfall eine schnelle Kontaktaufnahme zu ermöglichen.

Hmm… Sowas ist auch für mich neu! Aber wie gesagt, man ist ja verantwortungsvoll. Also hab ich mich tatsächlich eingetragen.

Die Fahrt von Kotor nach Tirana (der Hauptstadt Albaniens) war die bisher längste Tagfahrt – morgens um acht ging’s los, Ankunft irgendwann Nachmittags gegen drei. Als Nachfahrt gab’s die Route leider nicht, ich vermute die Grenzen schließen nachts – wobei man dort eigentlich auch tagsüber das Gefühl hatte, dass die meisten Grenzbeamten schlafen. Leider gab’s auch mal wieder keine Stempel in meinen Pass – nur bei der ersten Einreise nach Bosnien-Herzegowina und nach Montenegro wurde bisher gestempelt. In letzterem Fall allerdings auf einer Seite, die nicht gestempelt werden soll. Amateure.

Immerhin hatte ich mir für die Fahrt einen günstigen Tag ausgesucht: Die Fahrt durch hat es überwiegend gerechnet. Bei Ankunft in Tirana, der Hauptstadt Albaniens, war es zwar einigermaßen trocken, aber ziemlich Grau in Grau. 

Tirana

Grau in Grau passt eigentlich sehr gut zu Tirana! Doch zunächst etwas Hintergrundinformationen zu Albanien: Als einziger Staat auf meiner Reise, der nicht ehemals zu Jugoslawien gehörte, steht das Land ein wenig isoliert. Isolation beschreibt das Land meinem Verständnis nach auch ganz gut. Das kommunistische Albanien bandelte zu Beginn mit dem sozialistischen Jugoslawien an, dann eine Zeitlang mit der UdSSR, dann mit China unter Mao, und dann mit niemandem mehr, praktisch alle Nachbarn oder Großmächte waren erstmal Feinde. Was macht man in so einem Fall? Sich einbunkern! 

Bunker dieser Art gibt’s in ganz Albanien – ursprünglich geplant war mal 1 Bunker pro 4 Albaner, was aber nicht ganz erreicht wurde. Die Bunker sind noch im ganzen Land mehr oder weniger gut erhalten sichtbar.

Sprachlich steht das Land leider ebenfalls isoliert da: albanisch ist eigentlich mit nichts richtig verwandt, was irgendwo in der Nähe gesprochen wird. Meine mühsam erlernten Balkan-Sprachkenntnisse waren bisher in allen Sprachen anwendbar – hier leider nicht.

Nett ist ebenfalls, dass in Albanien Nein durch Nicken, Ja durch Kopfschütteln ausgedrückt wird. Und weil das nicht verwirrend genug wäre, wissen manche Albaner dass Ausländer das genau andersrum machen, und machen’s dann wieder genau andersrum. Man weiß also nie so recht, wer jetzt was sagen möchte.

Jetzt hab ich etwas weiter ausgeholt – worauf ich hinauswollte: Tirana besitzt einen gewissen sozialistischen Charme, zu dem der Regen vermutlich sogar ganz gut passt! Plattenbauten im Sonnenschein lassen da einfach nicht das richtige Feeling aufkommen. In der Innenstadt wachsen auch modernere Hochhäuser, man sieht also dass es durchaus vorangeht, aber man wirdes Gefühl nicht los, dass man im Gegensatz zu den Nachbarn hier doch etwas mehr der Zeit hinterher ist.

Die Sehenswürdigkeiten der Stadt hatte ich dann auch schnell abgelaufen, da sich diese

  1. praktisch alle am zentralen Platz befinden undund
  2. gar nicht so viele und gar nicht so sonderlich sehenswert sind

Dort hätten wir zum einen das nationalhistorische Museum:

Dann direkt nebenan die Oper, die ich aufgrund des erwähnten sozialistischen Charmes zur Sehenswürdigkeit erkläre:

Wiederum direkt neben an die Moschee, im Hintergrund mit dem sogenannten “Clock Tower“:

Dieser Uhrturm wird einigermaßen ernst genommen und hat eine großartige Geschichte: Der Turm selbst wurde zunächst im Jahr 1822 im osmanischen Stil (da die Türken damals hier die Chefs waren) erbaut. Osmanischer Stil heißt in diesem Fall wohl ohne viele Verzierungen hochgemauert. Den oberen Teil, der die Uhr enthält, gab es damals noch nicht. Nur eine Glocke, die zur vollen Stunde läutete. So einem Uhrturm ohne Uhr fehlt dann natürlich wiederum etwas – und so kaufte man sich dann nur etwa 100 Jahre später eine zum Turm passende Uhr aus Deutschland und stockte den Turm um 3 Meter auf – um den Fortschritt im Land zu symbolisieren, wurden diese 3 Meter dann im westeuropäischen Stil errichtet. Der Turm ist die wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt.

Weiter geht die Tour der Sehenswürdigkeiten nach Süden: Dort gibt’s noch eine Statue des Nationalhelden Skanderberg (nach dem auch der Platz benannt ist), der im 15. Jahrhundert Albanien gegen die Osmanen verteidigte.

Diese Besichtigungsrunde war dann auf dem Weg zum Hostel bereits abgearbeitet – kurz darauf setzte dann sowieso der Starkregen ein, so dass ich mir einen ruhigen Abend und ein paar Gedanken machen konnte, wie es weiter geht.

Eigentlich hatte ich mir überlegt, für zwei Tage ein Auto zu mieten. Damit wäre ich dann etwas in den Süden gefahren, hätte mich ein bisschen umgeschaut, und wäre zum Abschluss wieder nach Tirana um mir noch etwas Zeit für die Stadt zu nehmen, bevor es nach Mazedonien geht. Das Problem mit dieser Idee: Nach Tirana zurückzukehren war jetzt gar nicht mehr unbedingt so unglaublich attraktiv. Dann also doch wieder mit dem Bus weiter!

Am Dienstagmorgen, dem 26.9., habe ich mich also aufgemacht den richtigen Bus zu finden. Auf dem Weg dorthin hab ich auch noch die letzte Sehenswürdigkeit der Stadt mitgenommen, die Pyramide:

Darin war mal ein Museum über Envher Hoxha, den lokalen ehemaligen kommunistischen Anführer. Seit einigen Jahren steht es aber meines Wissens leer und sieht auch ein wenig heruntergekommen aus. Den sozialistischen Charme fängt dieses Bild am besten ein:

Gut, damit hatte ich dann tatsächlich alles in Tirana gesehen. Die Bus-Situation war leider auch nicht ganz einfach: In den anderen Balkan-Staaten gibt’s eigentlich in jeder größeren Stadt einen zentralen Busbahnhof. Die Tickets kann man dort vor Ort kaufen (aber möglichst vor der Fahrt), oder auch online kaufen und ausdrucken. In Tirana gibt’s das erstmal nicht. Aktuell scheint es zwei (oder auch mehr) improvisierte Busbahnhöfe zu geben, die aber wohl immer mal wieder wandern… mein veralteter Lonely Planet und auch das Internet waren daher gar nicht bzw. nur teilweise hilfreich. Schließlich hab ich’s aber geschafft den richtigen zu finden. Das Ticket kauft man dann im Bus nach Abfahrt… Auf nach Berat! 

Berat

Nach 3 Stunden mehr oder weniger entspannter Fahrt kam ich endlich an. Die Busse hier sind halt etwas komfortabler als bisher. Es war schon ziemlich heiß und voll im Bus. Außerdem hat entweder mein Sitz, die Luft aus der Lüftung über mir (wenn mal was herauskam), der Vorhang neben mir, oder einer meiner Nachbarn irgendwie ziemlich muffig gerochen. Vermutlich aber mehrere der Dinge.

Berat ist ein nettes kleines Städtchen im Süden Albaniens, einige Stadtteile sind auch hier zum Weltkulturerbe erklärt worden. Der Massentourismus ist aber noch nicht hierher vorgedrungen (was sich vermutlich in den nächsten 10 Jahren ändern wird). Ein paar Hostels in guter Lage gibt’s, mehr noch nicht.

Die geschützten Stadtteile stammen aus der osmanischen Zeit und sind recht hübsch anzuschauen:

Außerdem blickt noch eine alte Burg über die Stadt, auf den ersten Foto oben links zu erkennen.

Hier gibt’s auch mal wieder enge Gassen, die man gut erkunden bzw. sich auch gut darin verlaufen kann, eine meiner Spezialitäten!

Da auch Albanien eine doch recht lange Zeit oströmisch/byzantisch bzw. im Anschluss osmanisch besetzt war, gibt es wieder sowohl Kirchen als auch Moscheen. Aufgrund der kommunistischen Phase wird das ganze nicht mehr so ernst genommen, aber die Gebäude gibt’s immerhin noch.


Hier erinnert man sich auch noch daran, dass orthodoxe Kirchen zumindest ein bisschen glänzen müssen:

In zwei der Moscheen darf ich auch rein, eine ist leer und von drinnen auch nett anzuschauen:

Die zweite wurde etwas aktiver genutzt als ich da war – mir wurde aber angedeutet dass ich reinkommen darf obwohl gerade einige Moslems mit Beten beschäftigt waren. Ich versuchte also mir das ganze einigermaßen ruhig anzuschauen, wurde aber zum absoluten Unruheherd, weil die versammelte Dorfjugend mich befragen musste wo ich herkomme, ob ich Albanisch, Deutsch, Italienisch, Russisch und sonstwas spreche – ich kann immerhin Nein in den meisten Sprachen sagen, also immerhin etwas! Ich hab mich dann aber lieber langsam leise rausgeschlichen…

Entsprechend der Berge auf beiden Seiten gab’s hier auch wieder etwas Beinarbeit für mich!

Auf der einen Seite angeblich illyrische Ruinen (die Illyrer waren als erste hier), auf der anderen die erwähnte Festung. Ich muss leider zugeben die Ruinen nicht gefunden zu haben – außer die Illyrer haben den Mobilfunkmast erfunden, was mir aber einigermaßen unwahrscheinlich scheint. Einen guten Blick auf die Stadt gab’s trotzdem:

Von der alten Festung auf der gegenüberliegenden Seite sind überwiegend nur noch Ruinen vorhanden.

(Auf Foto 3 tanzt gerade eine Hochzeitsgesellschaft herum)

 Dafür gab’s auch hier gute Aussicht über die nähere Umgebung:

Wer genau hinschaut, wird hier auch außerhalb der Altstadt den sozialistischen Charme von Plattenbauten entdecken! Hier auch der heutige Beweis dass ich noch lebe:

Was macht man sonst so in Albanien? Noch wichtiger als in den bisherigen Balkan-Staaten scheint hier die Kaffee-Kultur zu sein! Praktisch überall wo ein bisschen Platz ist werden ein paar Tische und Stühle aufgestellt, und sei es an einer Tankstelle zwischen Zapfsäulen und Laden. In Berat existiert dann auch eine kleine Promenade neben der Altstadt:

Tagsüber ist hier mit Ausnahme der Mittagszeit eher ruhig, aber sobald die Sonne untergeht kommen die Albaner raus zum Giro! Da in dieser Stadt praktisch kein Nachtleben existiert, spaziert man einfach ein bisschen die Promenade auf und ab, oder setzt sich eben in eines der Cafés und schaut sich das Ganze an! Zwischen 7 und 9 geht das in etwa, danach wird es schnell wieder ruhig. Sehen und gesehen werden! 

Leider hat sich bei all der Liebe zum Kaffeegenuss noch nicht so ganz durchgesetzt, dass es so etwas wie bequeme Sitzgelegenheiten gibt… Die meisten Stühle sind ungepolstert, und man sollte kaum glauben wie unbequem selbst die gepolsterten Varianten sein können. Außerdem gibt es auch hier manchmal das Problem, dass man in den ruhigeren Zeiten eher von den Kellnern ignoriert wird.

Genug gejammert, der Eintrag ist länger geworden als gedacht (man merkt, ich habe Zeit gefunden zum Schreiben), dafür bleibt dies aber auch mein einziger Blogpost über Albanien – hoffe ich zumindest: am 28.9. will ich von hier nach Mazedonien fahren, was mit diversen Buswechseln verbunden sein wird! Ich hoffe also dann nicht hier irgendwo festzusitzen… Ansonsten bleiben mir ja noch ein paar Tage bis zum Rückflug aus Belgrad!

Fast hätte ich das abschließende Bierselfie vergessen! Ich hatte in Berat ein feines Hostelzimmer mit Balkon:

Bei Nacht sah die Aussicht ohne mich im Vordergrund so aus:

Im Selfiemodus versagt mein Handy dann aber leider etwas – man stelle sich das also irgendwie in Kombination vor! 

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