Beijing: Des Kaisers neuer Innenhof

Beijing: Des Kaisers neuer Innenhof

Am 6.10. hieß es wieder einmal einigermaßen früh aufstehen, und zwar um 7 Uhr. Nur zu gerne hätten wir einen Tag einfach mal ausgeschlafen, nach unserem verpassten ersten Tag in der verbotenen Stadt wollten wir uns aber nicht nochmal verkalkulieren – trotz online gekaufter Tickets!

Die Fotosessions auf dem Tian’anmen-Platz blieben aus – sehr zu unserer Freude. Pünktlich um kurz vor halb neun stellten wir uns an eine der zig langen Schlangen vor den Ticketschaltern an (im leichten, aber ertragbaren Regen). Nach 20 Minuten in etwa waren wir an der Reihe. Wie es uns gesagt wurde, geben wir unsere Pässe und den Zettel mit der Reservierungsnummer ab – der Verkäufer nimmt dies als Bestellung für drei Tickets auf. Es folgt eine kurze Verwirrung, er versteht das Wort online, und sagt “Service Center.“ Wir sind natürlich schwer begeistert, hätten wir nicht online gekauft, hätten wir jetzt unsere Karten. Das “Visitor service center“ hatten wir schon am ersten Tag gesehen, dort war klein der Zettel aufgehängt, dass alle Tickets schon vergriffen wären.

An dieser Stelle gab es keine Schlange – ein großes Glück für uns, denn das Visitor Service Center ist nicht das Service Center. Was sind wir auch für Idioten, das zu verwechseln. Der Mann dort deutet über den großen Platz im Innenhof hinweg. Wir begeben uns also grob in diese Richtung, ohne dort so etwas wie einen Schalter zu sehen.

Zu unserem Glück entdecken wir dann noch eine Warteschlange, vor einem kleinen Schalter ganz in der Ecke, der nur auf Chinesisch beschriftet ist. Nebenan sind noch zwei Schalter ohne Schlangen – wir haben ein klein wenig gelernt, ich stelle mich in der Schlange an, Arne versucht es mit unseren Pässen am leeren Schalter. Dort erfährt er immerhin, dass ich in der richtigen Schlange stehe.

Bei genauerer Betrachtung stehen eigentlich überwiegend Westler in der Schlange vor uns – da ist es besonders gut dass dieser nur auf Chinesisch ausgeschildert ist und unsere Rezeptionistin uns darüber lieber im Unklaren ließ.

Irgendwann hatten wir unsere Tickets, noch einmal vor dem Eingang warten, und endlich durften wir hinein! Der Innenhof direkt hinter dem Eingang war… voll!

Unter Ausnutzung meines vertikalen Vorteils (dazu später mehr) habe ich ein Panorama erstellen können!

Wir entschieden uns gegen die Strömungsrichtung der Masse (durch die Mitte) und begaben uns zunächst in einen der zahlreichen Seitenhöfe:

Hier war es schon deutlich netter und leerer, wenn auch nicht für lange! Eine Ausstellung über chinesische Töpfe und andere Tonwaren später war nach all dem Stress endlich die erste Pause des Tages angesagt. Danach begaben wir und in den Seitenhof auf der anderen Seite (wo sonst?), der ebenfalls nett und angenehm leer war, sogar mit einem kleines Flüsschen versehen!

Auch hier gab es wieder eine Ausstellung, deren Inhalt mir leider inzwischen entfallen ist.

Auf dem Rückweg entdeckten wir noch neben dem “Turm“ (das was auf dem Panorama rot eingepackt ist) eine Schlange. Turm schreibe ich in Anführungszeichen, da nach meinen Weltbild ein ordentlicher Turm höher zu sein hat als breit. Eigentlich entdeckten wir also eine Schlange neben dem hohen Haus (nicht zu verwechseln mit einem Hochhaus)!
Als mittlerweile hochspezialisierte Anstehprofis konnten wir natürlich nicht anders als dort mitzumachen, auch wenn eine gewisse Angst bestand für die (kaiserliche?) Toilette anzustehen.

Oben im… hohen Haus befand sich eine Ausstellung über die religiösen Wechselwirkungen zwischen China und Indien durch zwei oder drei herumreisende Mönche – praktisch die chinesische Version von Marco Polo, nur dass sie wirklich dort waren. Außerdem erhielt man von hier einen neuen Blick Richtung Süden auf die weiteren Massen!

Von dort aus ging’s weiter über die nicht ganz so große Mauer, zu einem Eckturm

und dann wieder in den ersten von uns besuchten Seitenhof, der sich inzwischen auch deutlich mit Menschen gefüllt hatte.

Wir entschieden uns, den Hauptweg Richtung Norden zu verfolgen, wo uns ein weiterer Innenhof erwartete!

Hier hat sogar mal wieder eine PhotoSphere-Aufnahme ganz gut funktioniert:

https://goo.gl/maps/J61V64HwfLE2

So zog sich das Konzept dann auch fort – rechts und links immer wieder diverse Seitenhöfe, mit alten Nebenpalästen, die für Museen, Ausstellungen, Blumenschauen und sonstiges genutzt wurden. Auf der Hauptachse folgte Innenhof auf Innenhof (daher der heutige Titel), ab und zu gab’s auch mal einen Thron zu sehen:

Beim erstellen dieses Fotos (alle anderen haben es fotografiert, da dachte ich: “Muss wichtig sein!“) hat Arne mich wiederum fotografiert:

Wer ganz genau hinsieht, kann meinem angesprochenen vertikalen Vorteil vielleicht erkennen!

So verbrachten wir einige Zeit bis in den Nachmittag hinein in der verbotenen Stadt, bis die vielen Innenhöfe ein wenig eintönig wurden… Wir hatten gelesen dass es Cafes und Restaurants im Palastbereich geben sollte, wir waren in einer sehr netten Location, langsam kam ein gewisser Bierdurscht auf… Leider gab es nicht einen Bierverkäufer, so dass wir die für uns nicht mehr ganz so verbotene Stadt durstig verließen (womit auch der Bierdurscht etwas verflog).

Nach dem sehr späten Mittagessen machten wir uns für den Rest des Tages für einen Einkaufsbummel auf. Außer dass dies deutlich schwieriger war als erwartet, gibt es aber nicht viel zu berichten.

Am Morgen des 7. Oktober, unserem letzten Tag, hieß es noch einmal einigermaßen früh aufstehen: Für Genosse Mao war der Urlaub am Vortag schon beendet (er arbeitet aber nur vormittags, als Teilzeitmumie), daher wollten wir zumindest diesen Kommunisten noch mitnehmen.

Kameras und praktisch alles andere sind im Mausoleum nicht erlaubt, daher gibt es auch keine Fotos davon. Aufgrund des schlechten Wetters war das Maosoleum1 nicht besonders gut besucht – irgendwo muss die Liebe zu Mao ja enden.

Ich durfte einfach so rein, Arne wurde genau abgetastet, es uns bei sämtlichen Kontrollen auf der Reise nicht einmal passiert ist. Dies führte zu ein wenig Aufregung bei Arne… “Mein Gott, was soll ich denn machen? Ihn abstechen?“

Draußen konnte der gerührte Besucher sich noch Blumen zum niederlegen kaufen, dann durften wir langsam an ihm vorbei und nicht stehenbleiben. Auch dieser Kommunist sieht, wie schon Ho Chi Minh, aus wie eine Wachsfigur. Falls sie Mao mal verlegen sollten, können sie also bei Mme. Tussauds (nicht weit entfernt) gleich Ersatz bestellen – praktisch!

Zum Mittagessen haben wir uns noch die Beijinger Spezialität schlechthin gegönnt: Peking-Ente! Was deutlich irritierender war, als erwartet… Neben der Ente selbst hatten wir natürlich Reis (eins der zwei Wörter die ich auf Mandarin sagen kann) und auch Gemüse bestellt, wobei letzteres wohl eher ungewöhnlich war. Wir erhielten dann zusätzlich zu der Ente noch einen kleinen Teller mit mehr Gemüse, Soße, und einen Topf mit kleinen Pfannkuchen. Da hätten wir uns wohl besser vorbereiten sollen… Wir haben uns dann kleine Tacos mit dem Gemüse und teilweise der Ente gedreht, und diese mit den Stäbchen gegessen… wenn gerade kein Chinese geguckt hat. Das sah nicht nur ziemlich bescheuert aus,

sondern fühlte sich auch ehrlich gesagt so an.

Den Rest des Tages ließen wir uns treiben, da wir aufgrund des Regenwetters nicht mehr zum Himmelsaltar wollten. Ein Tempel mit Riesen Park macht einfach im Regen nicht so recht Spaß. Daher begründet sich auch der einfache Eintrag für zwei Tage, die Energie reicht einfach nicht zu viel mehr.

Arne fasste den Tag nach dem Abendessen schön zusammen: “Wir waren ja nur bei Mao und Ente essen. Und ich bin mir nicht sicher was mich mehr verstört hat.“

Fußnoten:

  1. Kein Tippfehler, sondern schlechtes Wortspiel

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