Olé, wir fahr’n im Bus nach Ulan Ude!
Nachdem uns am Vorabend mitgeteilt wurde dass unsere Marshrutka uns um 5:45 Uhr direkt vom Guesthouse abholen würde, standen wir als gute, pünktliche Touristen natürlich um 5:40 Uhr an der Straße bereit.
Fünf.
Uhr.
Vierzig.
Morgens.
In der antisibirischen Kälte1 wartend, beschlich uns nach und nach das Gefühl, dass die Marshrutka überhaupt nicht mehr auftauchen würde. Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt gehören nicht unbedingt zu unseren engsten Freunden, wenn wir auf eine eher kurze Wartezeit eingestellt sind. Der Nachbarshund entdeckte uns nach etwa 5 Minuten und war nicht begeistert, und stellte mit einigem Gebell sicher dass wir uns auch weiterhin nicht seinem Haus nähern. Auf sein Bellkonzert antwortete die nächste Reihe Nachbarshunde mit ebenso energischem Bellen, was sich entsprechend fortsetzte. Nachdem wir uns um die Ecke stellten war der gute Bello zwar mit dem Ergebnis seines Bellkonzerts zufrieden, wir konnten aber aus allen Richtungen viele andere Hunde bellen hören. Okay, wenn wir schon in der Kälte warten mussten, hatte der Rest des Dorfes zumindest auch etwas davon.
Gegen 6:20, also nach 40 Minuten und kurz vor dem Verlust einiger Zehen, kam der Minibus doch noch ums Eck gerollt. Komplett belegt, bis auf zwei Plätze… Der Fahrer hatte also um 5:45 Uhr angefangen die Passagiere einzusammeln, und wir hatten eben Pech. Unsere zwei Plätze in der hinteren (4er) Reihe waren zumindest nebeneinander, wenn auch sehr… kuschelig. Der Kuschelfaktor wurde dadurch verstärkt, dass mein rechter Nachbar aus irgendeinem Grund seine Tasche rechts neben sich positionieren musste – unter dem Sitz, auf seinem Schoß, oder in der Gepäckablage oben waren keine Optionen für ihn.
Ich nutzte den hohen Kuschelfaktor, um auf der ersten Hälfte der Fahrt überwiegend zu schlafen. An dieser Stelle ein paar Worte zu sibirischen Straßen:
Einige Bilder der sibirischen Straßen in Bargusin habe ich ja bereits eingestellt. Die meisten Straßen bestehen einfach nur aus festem Sand. Das staubt unglaublich, ist aber an sich nicht weiter tragisch. Unter dem Sand kommt manchmal aber zum Vorschein, dass dort stellenweise doch mal Asphalt lag bzw. noch liegt. Dabei kann ein Stück Asphalt auch mal 10cm höher liegen als das Stück einen halben Meter weiter. Solche.. Unebenheiten im Untergrund wirken sich natürlich auf die Sandoberfläche darüber aus. Zu guter Letzt gibt es dann noch die tatsächlich asphaltierten Straßen. 35 Grad im Sommer und -35 Grad im Winter kommen diesen aber nicht gerade zugute. Falls doch mal ein längeres Stück ohne eine gewisse Dichte an Schlaglöchern existiert, so entschließt sich der russische Staat zu folgender Lösung:
(Ich bin überzeugt mindestens ein Foto gemacht zu haben, kann es aber leider absolut nicht finden – man stelle sich an dieser Stelle bitte eine Straße vor, : dir einige Vierecke mit Kantenlängen zwischen 50 und 100cm gebohrt wurden)
Dies scheint ein Überbleibsel aus kommunistischen Zeiten zu sein, als sichergestellt werden sollte dass auch alle Arbeiter gleich durch schlechte Straßen belastet werden.
Wie dem auch sei: Dem gemeinen Marshrutka-Fahrer ist der Untergrund im Allgemeinen erstmal egal, er brettet erstmal los. Ich bin dadurch auch nur ab und zu fast komplett vom Sitz gefallen. Kuschelig zwischen Arne und dem Taschen-Opi eingeklemmt, saß ich aber effektiv sicher im Sitz!
Den Rest des Tages haben wir Ulan Ude besichtigt, und die erste warme Mahlzeit seit einigen Tagen zu uns genommen2.
Das erste wirkliche Highlight der Tour:
Mhhhh Donuts. Das Foto stammt übrigens nicht irgendwo aus dem Bargusin-Tal, sondern tatsächlich aus der Stadt.
Das nächste besondere Highlight der Stadtbesichtigung stellte diese Kirche dar:
Die Innenansicht war nett, für eine russisch-orthodoxe Kirche aber eher unspektakulär… Als wir aber schon die ganze Kirche durchquert hatten, stand plötzlich eine Frau neben uns. Sie erzählte irgendetwas auf russisch (soweit nicht ungewöhnlich), zeigte auf eine “Crema“ in ihrer Hand, und deutete auf unsere Füße.
Wir haben die Kirche dann direkt durch den Hinterausgang verlassen – wäre ja noch schöner wenn ich mir die hart erarbeitete sibirische Steppe wieder direkt von den Schuhen putzen würde, die bleibt natürlich bis Deutschland drauf. Das war auch für uns beide das erste Mal, dass wir auf einer Kirche geflogen sind…
Eine weitere Besonderheit in Ulan Ude stellte für uns dieses interessante Gebilde dar:
Es handelt sich hierbei um die am höchsten über dem Erdboden gelegene Wasserrutsche (wenn auch nicht um die insgesamt höchste oder längste). Eröffnet wurde diese im Jahr 1981. Erster Rutschender war damals der eingeflogene Ehrengast Egon Krenz, damaliger Vorsitzender der FDJ, praktisch der oberste staatlich bestellte Spaßbolzen der DDR.3 Aufgrund meiner Höhenangst und Arnes offensichtlicher Angst vor Wasser (siehe im letzten Beitrag) mussten wir uns dieses Vergnügen aber leider entgehen lassen.
Fußnoten4:
- Da wir Sibirien bisher als äußerst warm kennengelernt haben, bedeutet “sibirisch“ für uns sehr warm. Kälte ist daher eindeutig sehr antisibirisch!
- Buursi. Gefüllte buriatische Teigtaschen. Ein Foto von sowas folgt noch im nächsten Beitrag, denke ich.
- Diese Deutschen trifft man leider überall.
- Ja, ich habe die stilistische Möglichkeit der Fußnoten entdeckt.
Ein Gedanke zu „Olé, wir fahr’n im Bus nach Ulan Ude!“