Krasnoiarsk – Ulan Ude
Für die Fahrt nach Ulan Ude vom 20. auf den 21. hatten wir den Zug mit der offiziellen Nummer 020ЩЧ gewählt. Übersetzt heißt das 020schtschtsch. Entsprechend groß war dann zunächst unsere Enttäuschung, dass der Zug nicht von einer Dampflok gezogen wurde! Mal wieder so eine Marketingfalle!
Gebucht hatte ich diesen Zug (alles noch aus Deutschland), da der von uns ursprünglich angedachte nicht verfügbar war. Die Wirrungen der russischen Eisenbahn welcher Zug wann fährt oder nicht sind nicht so ganz einfach zu verstehen. Wir waren entsprechend einigermaßen überrascht, dass es sich bei unserem Zug um den Moskau-Peking-Express (durch die Mandschurei) handelt, der einer der Firmeniy-Züge (Vorzeigezüge mit eigenen Namen) ist: Vostok – zu Deutsch Osten.
In unserem Abteil befand sich sogar ein Fernseher, der aber glücklicherweise nicht eingeschaltet wurde. Unsere Mitfahrer war ein Vater mit zwei Kindern – was wir als ziemliches Glück werten, so blieb weiterer Wodka erspart!
Der Vostok hält deutlich weniger häufig als unsere Züge bisher, so alle 4 Stunden ist mal ein Halt vorgesehen. Am ersten dieser Stopps konnten wir auch statt der bisher häufig gewählten Minimärkte eine Babushka finden, die ihre Waren anbot (bisher hatten wir das erst einmal, wo haufenweise Räucherfisch angeboten wurde – aufgrund des Abtelfriedens fiel die Wahl dagegen).
Jeweils zwei Eier, Kartoffelpuffer, gefüllte Pfannkuchen (Bliny) und gefüllte frittierte Teigfladen für ein paar Euro, was will man mehr? Ausreichend hart gekochte Eier vielleicht… Nachdem ich etwas Schmodder von meiner Hand entfernt hatte, stellte sich der Rest als erwartet gut heraus. In den Kartoffelpuffern (knapp 2cm dick) war Fleisch eingebraten, die Bliny mit Käse gefüllt – da waren die Eier verziehen. So sieht ein anständiges TransSib-Abendessen aus!
Als Novum (und aufgrund der Kinder im Abteil) haben wir für unser abendliches Bier den Speisewagen gewählt… Gekühltes Bier servieren muss man hier noch lernen, dafür gab’s mal eine neue Atmosphäre:
Die Touri-Dichte im Speisewagen ist dafür aber auch unangenehm hoch… In unserer Nähe saßen Franzosen, Deutsche, Briten. Vermutlich aus den angrenzenden Erste-Klasse-Waggons. Die meisten scheinen sich des Dresscodes in russischen Zügen (kurze oder lange Sporthose und Schlappen) nicht bewusst zu sein, und saßen dort im festen Schuhwerk und Jeans (auf Reisen zudem aus noch ganz anderen Gründen problematisch). Kulturbanausen!
Beim morgendlichen Halt in Irkutsk war es noch extrem unangenehm neblig und feucht, entsprechend ungewohnt verhalten waren auch die anderen Passagiere das Aussteigen betreffend…
Hier verließ uns auch die Familie, eine russische Studentin auf der Fahrt nach China stetig dafür zu, die sogar sehr sicheres Englisch sprach – Ein Novum, bisher brachten alle unsere Mitfahrer maximal ein paar Wörter Deutsch oder Englisch über die Lippen! Wir mussten dann unter anderem die Deutsche Küche etwas erklären (Nein, wir essen nicht nur Wurst. Ja, wir trinken wirklich manchmal Bier zum Frühstück. Dann aber auch mit Wurst!), und haben uns schonmal das chinesische Fingerzählsystem beibringen lassen, dazu aber mehr in China.
Ein bis zwei Stunden nach Irkutsk kam endlich der Grund für genau diese Zugbuchung ums Eck: Der Blick auf den morgendlichen Baikalsee! Viele Züge passieren den See bei Nacht, ich hatte auf eine Vorbeifahrt am Tag bestanden:
Die Strecke führte etwa zwei bis drei Stunden direkt am See vorbei, teilweise praktisch am Strand fahrend:
Der See selbst ist… groß! Der tiefste See der Welt, größer als die vier Großen Seen zwischen den USA und Kanada, und gefüllt mit überraschend kristallklarem Wasser sowie sehr leckerem Omul! Die Größe kann man schon erahnen:
Von der Qualität des Omul werden wir uns noch überzeugen müssen in den nächsten Tagen! Die Weiterfahrt steht erst am 27. an, was und etwas Zeit zum Erkunden des Gebiets östlich des Sees und zum Durchschnaufen vor der nächsten (längsten) Zugfahrt!